In der aktuellen Situation möchten wir eine Meldung der aer Kooperation (Arbeitsgemeinschaft Europäischer Reiseunternehmen) hier teilen.
Notruf an die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland
©2020 AER Kooperation AG
Die jetzige Situation ist eine massive Bedrohung für Reisebüros und Reiseveranstalter
auf dem deutschen Markt und es ist zu befürchten, dass nach Ende der Krise diese
nicht mehr bestehen. Reisen sind nicht mehr möglich. Viele Existenzen und
Arbeitsplätze sind akut in Gefahr. Die Krise trifft vor allem kleine und mittelständische
Unternehmen.
Die Wertschöpfungskette in der Tourismusbranche ist sehr komplex und durch die EU
Pauschalreiserichtlinie strengstens reglementiert. Anders als in anderen Branchen gibt
es nicht nur von einem auf den anderen Tag keine Einnahmen mehr, sondern zugleich
Mehrkosten und Rückzahlungsansprüche, die die Liquidität adhoc entziehen.
Bis ein Tourist/ eine Touristin im Zielgebiet eintrifft, haben bereits viele Beteiligte ihre
Arbeit getan und ihren „Lohn“ erhalten. Wir möchten Ihnen dies daher mithilfe eines
klassischen Beispiels anhand einer Pauschalreise in zwei Varianten erläutern.
Aus Sicht des Pauschalreiseveranstalters
Der Pauschalreiseveranstalter bietet eine Pauschalreise an, die er vorab über mehrere
Leistungsträger*innen (Transport, Transferleistungen, Übernachtungen, etc.) eingekauft
und mit einer Marge als eigenem Verdienst kalkuliert hat. Mit den Leistungsträgern hat
der Veranstalter unterschiedlichste Verträge, oftmals mit Vorkasse-Regelungen,
Garantien usw. Das Angebot ist Online, per Katalog oder durch Zusammenarbeit mit
einem Reisebüro an den Kunden erbracht. Die Kosten dafür bereits getragen. Die
Arbeit der Mitarbeitenden ist durch die Zusammenstellung des Angebots und die
Beratung an die Reisegäste*innen erfolgt. Die Verbraucher*innen entscheiden sich zum
Kauf und leisten eine Anzahlung.
Verdienst => Die in der Pauschalreise kalkulierte Marge (unter Berücksichtigung der
Vermittlerprovision)
Geldfluss:
1. Inhouse Betriebskosten
a. Gehälter an Mitarbeitende
b. Miet- und Betriebskosten, Katalogproduktion, Internetbetreib etc.
2. An die Leistungsträger
a. Transport
b. Transfers
c. Übernachtung usw.
3. Bei Verkauf über ein Reisebüro
a. An- und Endzahlung der Reise vom Reisegast*gästin oder Reisebüro
an den Veranstalter
b. Gutschrift an das Reisebüro über die vereinbarte Vermittlungsprovision
(oftmals direkt nach Buchungsabschluss, lange bevor die Abreise ist)
Aus Sicht des Reisebüros
Ein Reisewilliger / eine Reisewillige geht in ein Reisebüro, erhält eine ausführliche
Beratung und bucht dort eine Pauschalreise. Dafür erhält das Reisebüro von dem
Pauschalreiseveranstalter eine Provision. Die Leistung ist erbracht.
Verdienst => Die Vermittlungsprovision
Geldfluss:
1. Inhouse Betriebskosten
a. Gehälter an Mitarbeitende
b. Miet- und Betriebskosten, Internetbetreib etc.
2. Ggf. an den Pauschalreiseveranstalter die Kundengelder (Anzahlung +
Restzahlung)
3. Provisionsgutschrift des Pauschalreiseveranstalters
Wenn nun – wie in dieser Krise – die Reisegäste*in durch ein Reiseverbot nicht reisen
können, greift die Pauschalreiserichtlinie zum Wohle des Verbrauchers / Verbraucherin.
Diese besagt, dass die Reisenden kostenfrei stornieren können und den vollen
Reisepreis ohne Abzüge für bereits geleistete Arbeit oder entstandene Kosten
rückerstattet bekommen. Das Risiko für eine Situation, die komplett unverschuldet
nicht im Einflussbereich des Veranstalters oder Reisebüros liegt, geht einseitig zu
Lasten der Unternehmer*innen. Diese Bürde zu 100% zu tragen und darüber hinaus die
Liquidität aller Beteiligten zu gefährden, da sämtliche Gelder zurückfließen, können wir
nicht akzeptieren. Denn daraus resultiert folgende Situation:
Aktuelle Lage der Reiseveranstalter
Die Reiseveranstalter müssen sämtliche Kosten für den Rücktransport aller Gäst*innen
aus dem Zielgebiet tragen. Ebenso müssen sie die Gäst*innen für nicht in Anspruch
genommene Leistungen entschädigen.
Gleichzeitig müssen die Reiseveranstalter bei den Leistungsträgern*innen (z. B.
Transport, Übernachtung, Landleistungen) in Vorleistung treten, ohne einen
Gast/Gästin überhaupt in das Zielgebiet senden zu können.
Zeitlich aufwändige Betreuung aller Kund*innen bei Reiseabsagen, Umbuchungen,
Erstattungen und anderen Services, die unentgeltlich stattfinden.
Zusätzlich müssen für alle abgesagten Reisen dem Gast / der Gästin innerhalb von 14
Tagen das bereits gezahlte Geld erstattet werden.
Die Reisebüros haben akut folgende Herausforderungen
Beratung der Kund*innen bezüglich Umbuchungen, Stornierungen, Erstattungen als
reine Serviceleistung, ohne Verdienst.
Rückforderung von bereits gezahlten Provisionen von Reiseveranstaltern und
Leistungsträgern, die z. B. im letzten Jahr ausgezahlt wurden, die betreffende Reise
jedoch jetzt abgesagt wurde.
Verdienstausfall durch abgesagte Reisen und ausbleibenden Neubuchungen durch
fehlende Provisionen.
Wir, die Vorstände des AER e.V. und der AER Kooperation AG haben im Namen
unserer Mitglieder an Sie, an die Frauen und Männer in der Politik, die Entscheidungen
treffen, folgende Forderungen.
Damit deutsche Reiseveranstalter und Reisebüros überleben, fordern wir
folgendes:
1. Rettungsschirm
Übernahme des Bundes sämtlich anfallender Kosten für Reiseveranstalter:
– Mehrkosten für den Rücktransport der Gäst_innen aus den
Zielgebieten
– Zahlungen an die Leistungsträger für nicht in Anspruch
genommene Leistungen
– Anfallende Kosten für die nicht stattfindenden, nicht anzutretenden
oder abgesagten Reisen
– Abfederung von Verdienstausfällen durch staatliche Hilf-Fonds
ähnlich wie bei einem Ernteausfall in der Landwirtschaft
Übernahme des Bundes sämtlich anfallender Kosten und Gewinneinbußen für
Reisebüros:
– Für rückgeforderte Provisionen der Reiseveranstalter und
Leistungsträger von bereits abgesagten und noch zukünftig
gebuchten Reisen.
2. Gutschrift statt Rückzahlung
Der Bund muss Reiseveranstaltern die Option einräumen, den nicht reisenden
Gäst*innen, anstatt einer Auszahlung eine Reisegutschrift, die mindestens ein Jahr
gültig ist, anzubieten.
Diese Gutschrift kann im selben Reisebüro und demselben Reiseveranstalter eingelöst
werden und ist über den Staat abgesichert und garantiert.
Ebenso muss eine kostenlose Umbuchung möglich sein.
Vorteil für Reiseveranstalter: Kein Geldfluss
Vorteil für Reisebüro: Behält die Provision
3. Übernahme Lohnkosten – anschließend Kurzarbeit
Der derzeitige Arbeitsaufwand bei Reiseveranstaltern und Reisebüros ist sehr hoch. Die
Gäst*innen müssen informiert und beraten, Rücktransporte organisiert und
Erstattungen in die Wege geleitet werden. Dies ohne Verdienst – im Gegenteil zurzeit
mit hohen Verlusten belastet. Laufende Kosten (Miete, Kommunikation, Technik)
müssen trotzdem gezahlt werden.
Wir fordern für die Zeit, in der o. g. Aufgaben erfüllt werden müssen, eine Übernahme
der Lohnkosten nach dem Beispiel von den Niederlanden zu mindestens 80%.
Das Thema Kurzarbeit kann dann greifen, wenn sich die Lage beruhigt hat und die
Branche langsam wieder beginnt zu verdienen. Hier erwarten wir die Zahlung von
mind. 80% des KUGs, damit die Mitarbeiter*innen die eigenen laufenden Kosten
(Miete, etc.) zahlen können.
Wir erwarten von Ihnen eine schnelle und unbürokratische Hilfe, wie oben aufgezeigt.
Nur so können die mittelständischen Unternehmen im Tourismus überleben.
gez.
Vorstand AER e.V.
Kooperation AG
gez.
Vorstand AER
Rainer Hageloch
Pedro Turbany
Kathrin Angelstein
GF FAIRLINES Flug- und Reisevermittlung GmbH – Hamburg
Anna Fembacher
GF Ticket Easy Reisebüro – Traunstein
Siegfried Klausmann
GF Gleisnost Reisebüro – Freiburg
Petra Thomas
GF forum anders reisen e.V. – Hamburg
Ralf Wiemann
GF erlebe-fernreisen GmbH – Krefeld
Die AER Kooperation AG bietet Dienstleistungen, Tools und Konditionen, die
Reisebetriebe brauchen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Ihren Ursprung hat die
AER Kooperation 1987 in der Gründung des AER e.V. als Interessenvertretung
selbstständiger Reisebüros. 2001 erfolgte die Gründung der AER Verwaltungs-
GmbH, zum Zweck der Bereitstellung und Abwicklung aller kommerziellen
Angebote und Dienstleistungen. 2015 wurde aus der GmbH die AER Kooperation
AG. Mit seinen über 1000 Mitgliedern und einem Spezialreiseveranstalter Anteil
von 30 Prozent, ist der AER die größte Kooperation von Reiseveranstaltern in
Deutschland. Ein starkes Fundament hilft der AER Gruppe, die Zukunft der
Touristik heute und morgen aktiv mitzugestalten. Ein Netz zahlreicher nationaler
und internationaler Beteiligungen gehören der Kooperation an, die der
Diversifizierung und Absicherung wichtiger Geschäftsbereiche dienen. So hält die
AG auch die Mehrheit an AERTiCKET GmbH.